Tontransporte auf den Strecken des Unterwesterwaldes

Ton aus dem Westerwald

Im vorderen Westerwald liegen die größten und hochwertigsten Tonvorkommen Europas. Mehr als 25 Millionen Jahre liegt die Lagerstättenbildung der acht weltbekannten Westerwälder Tonbecken zurück.

Tongrube nahe Siershahn. Foto: Karl Arne Richter

Ausführliche Informationen über den Tonbergbau im Westerwald erhält man bei einem Besuch des Tonbergbaumuseums in Siershahn.

Rationelles Transportmittel

Schon Mitte des vorletzten Jahrhunderts wurden verstärkt Bemühungen unternommen, die eine Anbindung des Kannenbäckerlandes mit seinen reichhaltigen Ton- und Erzvorkommen und der bedeutenden tonverarbeitenden Industrie an die rechte Rheinstrecke zum Inhalt hatten. Die bis dahin verwendeten Pferdegespanne sollten durch einen rationelleren und wesentlich schnelleren Transport mit der Eisenbahn abgelöst werden.

Nach gut drei Jahren Bauzeit konnte am 30.05.1884 die Unterwesterwaldbahn Engers – Siershahn – Altenkirchen/Limburg (Lahn) eröffnet werden, die bis 1994 den Abtransport des "weißen Goldes" auf der Schiene sicherstellte. Seit 01.08.1994 erfolgt eine Führung der Güterzüge via Montabaur und Limburg (Lahn) nach Süden.

Bis Juli 1994 verkehrten die Tonzüge via Brex zum Knotenpunkt Neuwied, hier am 06.05.1988 aufgenommen im Abzweigebahnhof Grenzau. Foto: Carl-Otto Ames

Zunächst vor allem auf die Weiterverarbeitung im Landesinneren konzentriert, gewann der Export nach Italien nach dem zweiten Weltkrieg vermehrt an Einfluss. Speziell die Region Sassuolo als Schwerpunkt der keramischen Industrie Norditaliens ist heute ein Hauptabnehmer der zur Zeit im Westerwald geförderten knapp vier Mio. Tonnen Ton. 2007 gelangten rund 1. Mio. Tonnen Ton aus dem Westerwald nach Italien, zu Spitzenzeiten waren es 1,35 Mio. Tonnen. Organisiert werden die Transporte in das rund 900 km entfernte Dinazzano durch die DB SCHENKERrailog (ehemalige RAILOG GmbH, zum 01.08.2008 auf die Schenker Aktiengesellschaft verschmolzen).

Neben Transporten zu der in Mettlach ansässigen Firma Villeroy & Boch und weiteren kleineren Betrieben in Deutschland wird in den letzten Jahren verstärkt Ton nach Frankreich exportiert.

 

Interessanterweise wird auch Katzenstreu und das bekannte Seramis ® aus Westerwälder Ton hergestellt!

Private Initiativen: TX Logistik, SBB Cargo, EGP

Von Januar 2004 bis Dezember 2006 war mit der TX Logistik AG erstmals ein privates Eisenbahnverkehrsunternehmen im Tonverkehr aktiv. Ab Limburg (Lahn) wurden die Züge Richtung Italien mit modernen Siemens-Lokomotiven des Typs ES 64 U2 oder Bombardier TRAXX bespannt. Die Zufuhr der Züge nach Limburg (Lahn) von den Verladestellen erfolgte mit Loks der Typen V 100 oder Vossoh G 1000 BB.

212-CL 326 der RSE bediente im Auftrag der TX Logistik am 14.01.2005 die Westerwaldquerbahn, hier aufgenommen vor einer Lagerhalle für Ton nahe Staudt. Foto: Clemens Schumacher/XILO.de

Seit Dezember 2008 fährt TX Logistik wieder Ton nach Italien, diesmal allerdings im Kombinierten Verkehr zwischen Köln-Eifeltor und Verona. Vor- und Nachlauf erfolgt per Lkw.

Ebenfalls seit 2009 war die SBB Cargo AG in der Tonbeförderung nach Italien aktiv. Wie auch TX Logistik nutzte man Wechselbehälter, die aber abweichend im Koblenzer Hafen auf die Bahn umgeladen wurden.

Neuester Akteur im Tonverkehr ist die Eisenbahngesellschaft Potsdam mbH (EGP), die von Bendorf aus beladene Container nach Wittenberge transportiert.

Ton vs Tonerde - eine Kurzerklärung

Der im Zusammenhang mit den Transporten oftmals gebrauchte Begriff „Tonerde“ ist fachlich nicht zutreffend. Tonerde ist Aluminiumoxid, welches als calzinierte Tonerde aus Bauxit gewonnen wird. Im Ton hingegen ist Aluminiumoxid in den Tonmineralen enthalten. Ton hingegen ist ein Gemisch verschiedener Minerale, im wesentlichen verschiedener Tonminerale und Quarz.

Begrifflich falsche Aufschrift auf einem Taems 891. Foto: Karl Arne Richter

Selbst die DB verwischt beide Begrifflichkeiten und hat auf den Transportwaggons des Typs Taems 891 fälschlicherweise „Tonerde“ angeschrieben. Die an gleicher Stelle zu findende italienische Bezeichnung „Argille“ ist hingegen korrekt.